Hitze-Befragung 2024
Wie betroffen sind Sie von Hitze in Bad Kreuznach?
Die „Hitze-Befragung 2024“ war über einen begrenzten öffentlichen Aufruf an alle Bürgerinnen und Bürger gerichtet, die in Bad Kreuznach oder im Umland wohnen, in der Stadt arbeiten, sich hier gerne aufhalten, zur Kur oder einfach gelegentlich zu Besuch hier sind – Es haben 130 Personen online geantwortet.
Unsere Ehrengäste waren Menschen mit Beeinträchtigung und Senior:innen.
Weil manche Bevölkerungsgruppen von Hitze mehr betroffen sind als andere, war es uns wichtig, uns in besonderem Maße auf ihre Stimmen zu fokussieren. Zu den „vulnerablen Gruppen“ gehören Menschen, die bei Hitze und anderen Gesundheitsbelastungen durch Umwelt-, Wetter- und Klimabedingungen besonders gefährdet sind und in der Regel mehreren Belastungen gleichzeitig (Mehrfachbelastung) ausgesetzt sind oder sogar Intersektionalität erfahren, also gleichzeitig in mehreren Bereichen abgewertet, ausgegrenzt und benachteiligt werden und darum verletzlicher sind als andere. Intersektionalität bedeutet, dass mehrere Diskriminierungsformen miteinander wechselwirken und sich verstärken, was sie von additiven Mehrfachbelastungen unterscheidet. Ausgrenzung ist ein gesellschaftliches Phänomen, mit dem wir uns als AG Hitze auseinandersetzen müssen. Auch wenn der Arbeitstitel „Hitzesensitivität vulnerabler Gruppen“ im ersten Moment nicht direkt darauf schließen lässt, begreifen wir das Privileg- und Machtgefälle in unserer Gesellschaft als eine Ungerechtigkeit, gegen die wir inklusiv arbeiten müssen, indem wir auf die jeweiligen Betroffenheiten, Wahrnehmungen und Erfahrungen bei Hitze, Stress und mangelnden Bewältigungschancen eingehen. Entwicklungshilfe von oben, Almosenprinzipien (Barmherzigkeit), missionarisches Denken und Othering (das „anders machen“/“fremd machen“ von anderen in ihren Rechten ebenbürtigen Menschen) erachten wir als höchst problematisch und übergriffig. Wir möchten deshalb allen Menschen in Gesprächen und Begegnungen, z.B. bei Befragungen, einen Raum zur Eigenartikulation ihrer selbst-wahrgenommenen Situation, ihrer Bedarfe und Bedürfnisse geben.
Die Befragung haben wir so gestaltet, dass sich durch sie für uns zwei übergeordnete Informations-Blöcke bildeten:
1. wollten wir einen Eindruck über die Zusammensetzung der teilnehmenden Personen und ihren sozialen Hintergrund bekommen (z.B. „Haben Sie einen Schwerbehindertenausweis?“ oder „Erhalten Sie Rente?“) und dabei auch erste Informationen über ihr Hitzeempfinden (z.B. „Wird Ihnen bei starker Hitze schwindlig?“ oder „Fühlen Sie sich von starker Hitze eingeschränkt?“) im Allgemeinen erhalten. Außerdem war es für uns auch interessant zu erfragen, ob Hitze von den betroffenen Personen bereits als Problem erkannt und ggf. sogar bereits thematisiert wurde („Haben Sie schonmal mit anderen über Hitze gesprochen?“).
2. wollten wir herausfinden, welche Orte im Stadtgebiet als besonders heiß erlebt („Hotspots“) und welche Orte zur Abkühlung („Coolspots“) aufgesucht werden. Dabei ging es uns explizit um die persönliche Wahrnehmung der Befragten und das individuelle Wohlempfinden.
Die Stadt haben wir in diesem zweiten Block wie folgt unterteilt:


In der Neustadt hat uns das Hitzeerleben an folgenden Standorten interessiert: Eiermarkt, Salzmarkt, Bushaltestelle am Bocksbrunnen, Platz am Burgbrunnen, Fischerplatz und Nahebrücke.


Standorte der Innenstadt: Kornmarkt, Bourger-Platz, Kreuzstraße 1 (Bourger-Platz bis zur Mannheimerstraße/ Nordsee), Kreuzstraße 2 (Mannheimerstraße/ Nordsee bis zum Kino), Stadtbibliothek, Salinenplatz, Pariser Viertel, Bahnhofsvorplatz.


Die Stadtparks: Kurpark, Schlosspark, Oranienpark, Roseninsel, Kirchsteinanlage (KSA), Grünfläche am Radonstollen, Salinental, Nachtigallenweg, Stadtfriedhof, Jüdischer Friedhof.
Die Ergebnisse sollen uns zukünftig dabei helfen dieses multidimensionale Thema in Bad Kreuznach mehr ins Bewusstsein zu bringen, einen Diskurs zu schaffen, politische Maßnahmen zu fordern und selbst Anstöße zu liefern, die auch zum Selbstschutz und zur Selbsthilfe befähigen. Wichtig ist uns auch zu betonen, dass Selbsthilfe nur als eine anteilige Selbstsorge und eine Art akute „Erste-Hilfe-Maßnahme“ auf lebensbedrohliche Situationen (insbesondere für vulnerable Gruppen) zu verstehen ist, die bedarfsweise durch fachliche Hilfe, im Notfall und ggf. auch längerfristig, ergänzt werden muss. Auch der „Lancet Countdown on Health and Climate Change“ unterstreicht, dass Hitze eine Katastrophe ist, die durch den von uns vorangetriebenen Klimawandel vielleicht nicht völlig berechenbar, zumindest aber in ihren Konsequenzen für das Leben auf dem Planeten – also auch für die menschliche Gesundheit – absehbar ist. Taten müssen daher vor allem auf Bundes- und Länderebene geschehen. Die Kommunen, Gemeinden und der ländliche Raum stehen in der Verantwortung dieser Krise mit einem hohen Kraftaufwand entgegenzuwirken. Nur so können Schäden verhindert werden und eine Bewältigung stattfinden.
Wir bedanken und bei Allen, die sich dafür die Zeit genommen haben und die bereits heute aus eigenem Antrieb ein Bewusstsein für die dramatische Auswirkung von Hitze auf unsere Gesellschaft durch durch einen fortschreitenden Klimawandel entwickelt haben.
Anmerkung zum Anspruch der hitze-sensibilisierenden Befragung: Weder die „Hitzebefragung 2024“ noch ihre Auswertung erfüllen die Ansprüche empirisch wissenschaftlicher Arbeiten wie Repräsentativität und Antwortkorrelationen. Wir als zivilgesellschaftliche Initiative haben uns auf den Weg gemacht, das unterrepräsentierte Gesundheitsrisiko Hitze in Bad Kreuznach sichtbar zu machen, zur Sensibilisierung des Problems beizutragen und Impulse zu setzen, die eine Bewältigung auf kommunaler als auch auf individueller Ebene nach Möglichkeit verbessern. Dabei greifen wir zwar auf ein breites Fundament wissenschaftlicher Expertise zurück, begreifen und gestalten unser Wirken selbst aber sozial und politisch.
